Historischer Ortsrundgang Spiesheimen gb

Friedhof und Bestattungswesen

 

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Der Friedhof mit seinen Grabplätzen als letzte Ruhestätte der Verstorbenen ist in vielen Kulturen ein Ort, um den Angehörigen ungestörtes Totengedenken in einem Raum zu ermöglichen, der deutlich von dem der Lebenden abgetrennt ist. In Deutschland gilt Bestattungspflicht für Verstorbene und tot Geborene in dafür ausgewiesenen Orten.

Somit spielt der Friedhof eine wichtige Rolle in der religiösen Praxis und erfüllt auch öffentliche Interessen.

Diese gesellschaftliche und religiöse Bedeutung des Friedhofs hat eine Vielzahl an Tabus, moralischen Pflichten und Gesetzen hervorgebracht. Die Verletzung der Regeln oder die Entweihung ist von der jeweiligen Gemeinschaft unter Strafe gestellt. Praktisch in allen Kulturen sind die Störung der Totenruhe, die Leichenschändung, die Grabschändung und der Grabraub strafbar. Derartige Handlungen werden in Deutschland strafrechtlich verfolgt.

In der Antike und Völkerwanderungszeit ließen sich die Germanen auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands verbrennen oder beerdigen.

Mit Ausbreitung des Christentums wurde die Feuerbestattung verboten. Die Gläubigen wurden in Anlehnung an die Geschichte Jesus Christus in der Erde bestattet. Erst Ende des 19. Jahrhundert wurden wieder Feuerbestattungen zugelassen.

Die Bestattung der Toten hatte im Mittelalter eine sehr kirchliche Prägung. Sie erfolgte meist noch am Tag des Todes und unter gewissen Formalitäten, die dem Stand des/r Verstorbenen entsprechend sehr unterschiedlich waren: Gewöhnliche Menschen wurden ohne Sarg auf einem Brett liegend bestattet und in den Kleidern, in denen sie gestorben waren, der Erde übergeben. Vornehmere Menschen wurden im Sarg beigesetzt, der bis ins 14. Jahrhundert auch mal aus Stein bestand. Der/die Tote wurde von seinen/ihren Angehörigen zu Grabe getragen.

Begräbnisstätten aus mittelalterlicher Zeit haben sich in Deutschland nicht erhalten. Wie landläufig üblich wurden sie um die katholische Kirche herum angeordnet, so auch in Spiesheim. Deshalb wird auch heute noch der Friedhof im Sprachgebrauch als "Kirchhof" bezeichnet. Ab Anfang des 16. Jahrhunderts wurden diese Begräbnisstätten wegen zunehmendem Platzmangel und Seuchengefahr von den Kirchen weg an den Dorfrand verlegt. In vielen Dörfern hat sich die Anlage bis auf den heutigen Tag an derselben Stelle erhalten. Dies gilt auch für den Spiesheimer Friedhof, der 1833 eingeweiht wurde.

Seit dieser Zeit wurden die Verstorbenen im Trauerhaus eingesargt und am Tag der Beerdigung im Hof aufgebahrt. Nach der Aussegnung durch den Pfarrer und ggf. einem Abschiedslied des Gesangvereins oder Musikgruppe wurde der Sarg auf einen Leichenwagen gehoben. Geschmückt mit Blumen und Kränzen und begleitet von einer meist großen Trauergemeinde setzte sich der Trauerzug in Bewegung. Fast von jedem Haus "ging jemand mit". Ein Pferd mit schwarzer Trauerdecke zog den Leichenwagen zum Friedhof.

Gräber wurden mit der Hand ausgehoben. Besonders im Winter bei gefrorenem Boden war dies eine mühsame Arbeit die in Spiesheim bis in die späten 1980er Jahre ausgeführt wurde.

Bei starkem Regen musste öfters die nachgerutschte Erde aus dem Grab entfernt werden und es kam schon mal vor, dass der Totengräber noch aus dem Grab guckte, wenn der Leichenzug schon auf dem Weg zur letzten Ruhestätte war.

Nach der Beisetzung des/r Verstorbenen durch den Pfarrer, ggf. umrahmt von Grabgesang oder Instrumentalmusik, folgte das Requiem bzw. der Trauergottesdienst in der Kirche, wie noch heute üblich. Das sich anschließende besinnliche Beisammensein mit Kaffee und Kuchen, "Leichenimbs" genannt, wurde meist im Haus des/r Verstorbenen abgehalten und diente der gemeinsamen Erinnerung an den Verstorbenen/an die Verstorbene sowie der Trauerbewältigung der Hinterbliebenen. Dieser Brauch ist auch heute noch in Spiesheim üblich, findet aber sehr oft in Gaststätten oder der Gemeindehalle statt.

Mit zunehmendem Einsatz von Automobilen wurde der Pferdewagen im Jahr 1965 abgelöst. Noch heute existiert das in der Friedhofsfront rechts stehende kleine Häuschen, in dem der Pferdewagen stets abgestellt war.

 

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Die jetzige Aussegnungshalle wurde 1988, ausgestattet mit Gassner-Kunst, ihrer Bestimmung übergeben und das Gelände neben dem Gebäude als Friedhofserweiterung angelegt. In dieser Zeit wurden auch die vom Trauerhaus ausgehenden Beerdigungen eingestellt.

 

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Lange Zeit blieben alte Grabsteine aus der Anfangszeit des Friedhofes erhalten, mussten aber in den letzten Jahren wegen Baufälligkeit oder nicht mehr existierenden und für die Erhaltung zuständigen Angehörigen, abgebaut werden. So sind nun leider keine Gedenksteine aus dieser Zeit mehr vorhanden. Ingolf Jung hat jedoch noch etliche schöne alte Grabsteine zumindest fotografiert, wie hier gezeigt.

Seit einer Bereinigung von alten Grabfeldern und Reorganisation der vorderen rechten Friedhofspartie in 2015 gibt es nun auch in Spiesheim Grabreihen für Urnen aus Feuerbestattungen.

 

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Text 26: Sigmund Jung Oktober - 2016
Bilder: Erich Dexheimer / Ingolf Jung

 

 

 

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