Historischer Ortsrundgang Spiesheim
Ältestes Haus in Spiesheim - erbaut 1610
Auf dem Bild von 1912 sind die Eheleute Johann und Dorothea Dexheimer am Fenster zu sehen
und im Vordergrund die Kinder Wilhelm, Katharina und Heinrich.
Dieses Fachwerkhaus in der Oberstraße 54 wurde schon vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) erbaut.
Auf einem Balken am Haus, vom Hof aus gut erkennbar, ist die Zahl 1618 eingeschnitzt. Das Haus stand während der damaligen Kriegswirren überwiegend leer und wie überliefert, wuchs in dieser Zeit eine Effe durch den Schornstein. Zeitweise waren alle Einwohner Spiesheims damals vertrieben. Das Dorf war niedergebrannt und verwüstet.
Nach dem verheerenden Krieg der am 23. Mai 1618 mit dem "Prager Fenstersturz" begann und 1648 mit dem "Westfälischen Frieden" endete, dauerte es in einigen Regionen Deutschlands fast ein ganzes Jahrhundert bis sie sich wieder von den Zerstörungen erholt hatten, verursacht durch Streitigkeiten um Religion, Macht und Territorialansprüche.
Nur fünf Familien kamen nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder zurück ins Dorf, deren Namen noch heute in Spiesheim existieren:
Dexheimer, Diefenthäler, Jung, Steil und Weinz (bis 2016).
Die hoffnungsvollen Rückkehrer erlebten schon sehr bald erneut eine weitere Katastrophe in unserem Land. Die Pest forderte ihr Tribut und 1660 lebten nur noch 90 Personen in Spiesheim.
Bis zum Jahre 1681 gab es wieder 215 Einwohner in unserem Dorf.
Davon könnte dieses alte Haus erzählen das direkt neben dem Oberbrünnchen erbaut wurde und durch dessen Gelände auch teilweise der Wasserlauf dieser Quelle führt, deren Wasser sich ins "Brandewäldche" sammelt.
Bei der Renovierung des Hauses in 1974 wurde auch der Dachstuhl erneuert. Das Holz war zwar noch intakt, aber das Gebälk hatte sich über die Jahrhunderte "durchgehängt". Der Dachstuhl war komplett aus gewachsenem Eichenholz ohne jegliche Nägel nur mit Holzzapfen verbunden.
Das Haus birgt noch weitere interessante Gegebenheiten. Ausgewählte Familienmitglieder der letzten 4 Generationen die in diesem Haus lebten, besaßen oder besitzen immer noch Kenntnisse über zwei spezielle Rezepturen deren Zusammensetzung bis heute geheim gehalten und die nur in der jeweiligen Generation weiter gegeben wurde. Bekannt ist, dass die daraus gewonnenen Medikamente gegen Nabelbruch bei Kleinkindern und gegen eine bestimmte Form der Gelbsucht eingesetzt wurden und man früher im Dorf diese Arznei auch in Anspruch nahm. Die Rezepturen befinden sich heute immer noch in Familienbesitz.
Abgefüllt wurden die Salben in kleinen Tontöpfchen von denen heute noch etliche erhalten sind. Aus der Überlieferung ist wiederum bekannt, dass die Rezepturen durch den Ur-Ur-Großvater väterlicherseits, der im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-14) als Sanitäter bei einem Arzt gedient hatte, in die Familie kamen.
Die Besitzer dieses Hauses wechselten im Laufe der Jahrhunderte häufig:
1669 Henrich Emrich,
1681 Johannes Emrich
1720 Andreas Emrich
1724 Johann Jörg (Georg) Emrich
1759 Wilhelm und Georg Emrich
1780 Johannes Buchholz
1830 Johannes Buchholz 3.
1838 Christian Oelhof
1857 Georg Oelhof Eheleute
1871 Philipp Dexheimer 2.
1898 Johann Dexheimer 3. & Dorothea geb. Mühl (Gau-Köngernheim)
1966 Katharina Dexheimer
1981 Bertold Heck & Elfriede geb. Dexheimer
1958
In der sogenannten guten alten Zeit war sicher nicht alles gut und oft schon gar nicht der Zustand der Häuser und Straßen im Dorf. Erst nach 1945 mit Beendigung des Zweiten Weltkrieges kam mit dem deutschen Wirtschaftswunder auch langsam der Aufschwung nach Spiesheim. Die Veränderungen des ältesten Hauses im Dorf und dessen Umfeld dokumentieren diese Bilder eindrucksvoll.
1980
2013
Erich Dexheimer Sept. 2016/03