Historischer Ortsrundgang Spiesheimen gb

Der Spiesheimer Zappe

Eine wahre Geschichte über die Leichtgläubigkeit und den herrschenden Aberglauben noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts verhalf den Spiesheimern zu ihrem Spitznamen. Peter Fuchs heiratete im Juli 1804 eine junge Spiesheimerin und wohnte fortan in diesem Haus.

 

ortsrundgang18 spiesheimer zappe 1

 

Fuchs wurde 1769 in Offenbach am Main als Sohn eines Wasenmeisters (Abdecker: in einem bestimmten Bezirk für die Beseitigung von Tierkadavern und die Tierkörperverwertung zuständige Person) geboren. Er gab sich als studierter Viehdoktor aus oder verfügte er gar nur über gute Kenntnisse in der Tierheilkunde. Keine Überlieferung aus dieser Zeit brachte dazu endgültige Klarheit. Für die Spiesheimer war aber fortan ein "Dokter" im Ort, der sich um ihr krankes Vieh kümmerte. Sie schätzten ihn und sein Wissen sehr und schrieben ihm sogar übernatürliche Kräfte zu. Wenn ein Stück Vieh krank war, rief man den "Dokter" Fuchs. Er wusste so manches Mittelchen um dem kranken Tier zu helfen, sprach mit ihm, rieb ihm den Bauch und hatte auch öfters Erfolg mit seiner "Behandlung". Ob der trotzdem karge Lohn ihn dazu trieb, dem Erfolg etwas unter die Arme zu greifen oder andere Umstände dazu den Anlass gaben, wird wohl nie geklärt werden können.

Wie sich erst viel später herausstellte, begann Herr Fuchs seine arglosen Mitbürger zu betrügen.

Wenn mittags die ganze Bauernfamilie auf dem Feld arbeitete, schlich er sich in Hof und Stall und molk einmal eine Kuh außer der Zeit. Als diese am Abend zum Entsetzen ihrer Besitzer keine oder nur wenig Milch gab vermuteten die Bauern eine Krankheit und riefen den "Dokter" Fuchs. Dieser "erkannte" im Sachverhalt eindeutig das Werk einer Hexe und erbot sich, natürlich für entsprechende Entlohnung in Geld oder Naturalien, die Hexe zu bannen. Die Bauern willigten ein, denn sie wollten, dass ihr Vieh vom Fluch der Hexe befreit wird. Fuchs machte sich dann an die Arbeit, streichelte die "verhexte" Kuh, murmelte ein paar Zaubersprüche und schlug zu guter Letzt noch einen hölzernen Zapfen von einem Weinfass (Zappe) in die Stallwand. Zusätzlich versprach er, dass die Kuh bis zum nächsten Morgen vom Bann befreit sei und wieder ganz normal Milch geben werde. Da dies natürlich auch geschah, erhielt er von den Besitzern der Kühe, die nunmehr an die Wirkung der Zauberformeln glaubten, den verabredeten Lohn und gewann im Laufe der Zeit großes Ansehen. Fast in jedem Spiesheimer Stall hat er auf diese Weise sein Unwesen getrieben.

Bekanntlich geht jedoch der Krug so lange zum Brunnen, bis er bricht. Misstrauisch durch die allzu oft erfolgreich vorgenommene Hexenverbannung bewachten einige jüngere Leute ihre Ställe und erwischten den "Dokter" Fuchs, als er wieder heimlich die Kühe molk. Es setzte eine heftige Tracht Prügel und zusätzlich zeigte der damalige Bürgermeister Wagner den Herrn Fuchs bei der Polizei in Wörrstadt an. Fuchs musste auch eine Gefängnisstrafe abbüßen und ließ sich nie mehr in Spiesheim blicken.

Als sich die Geschichte in der Umgebung nach und nach herum sprach, dauerte es nicht lange und man nannte und nennt bis zum heutigen Tag die Spiesheimer: "Die Zappe".

Bezogen auf diese Geschichte lautet ein Vers aus dem Spiesheimer Lied wie folgt:

"Es war en Mann mit Name Fuchs,
der hot die ganz Gemo beluchst.
Er schlug en Zappe in die Wand
und sagt, er hätt´ die Hex´ gebannt"

*Gemo = Gemeinde

 

Hier ein Abbild des modern stilisierten "Zappe", das auf allen Schildern des Historischen Ortrundganges zu sehen ist:

ortsrundgang18 spiesheimer zappe 2

 

 

Text L 16: Sigmund Jung - Oktober 2016
Bild: Erich Dexheimer
Logo: Agentur Franzen

 

Historischer Ortsrundgang Spiesheimen gb

Hofgut Erbes

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 1

 

Das Haus entspricht, von der ursprünglichen Anordnung her, einer ganz typisch fränkischen Hofanlage. Wohnbereich, Stallungen, Scheune, Kelterhaus, Hof und Hoftor bilden eine geschlossene Einheit. Die Grundmaße sind noch immer unverändert. Im Wohnbereich ist sogar die ursprüngliche Bausubstanz erhalten.

Es waren immer wieder Kriege und Belagerungen, die seit vielen Jahrhunderten die Menschen unserer Heimat zu einer Bauweise zwangen, die Schutz bot - wie bei diesem Haus - und die unter anderem auch zu dem sogenannten "Haufendorf" führte, wofür Spiesheim ein gutes Beispiel ist.

Erbaut wurde dieses Anwesen um 1680, wahrscheinlich von Michael Diefendäler. Nach Aufzeichnungen von Lehrer Adolf Diehl hatte Spiesheim im Jahre 1681 45 Häuser mit 215 Einwohnern, (davon 43 Männer, 44 Frauen 53 Jungen und 75 Mädchen). Ein im Erwerbsleben stehendes Ehepaar hatte im Durchschnitt 5-6 Kinder. Neben den Bauern gab es noch zwei Wirte, einen Schmied, einen Schneider, einen Küfer, einen Maurer und einen Leineweber sowie einen Knecht und eine Magd. Spiesheim litt damals noch sehr unter den Auswirkungen des 30-jährigen Krieges (1618-1648).

Um 1720 wird als Besitzer Johannes Steyl genannt. Im Jahre 1900 kaufte Georg Jung (1870-1920), Urgroßvater des heutigen Eigentümers, das Anwesen von einer Witwe Steil. Er bewirtschaftete mit seiner Ehefrau Margarethe, geb. Mühl (1860-1939), einen landwirtschaftlichen Betrieb mit etwas Weinbau. Alle Gebäude wurden gründlich renoviert und Nebengebäude auch teilweise neu errichtet.

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 2

 

Georg Jung fuhr u.a. über viele Jahre mit dem Pferdefuhrwerk die Milch des Dorfes zum Wörrstädter Bahnhof. August Jung (1902 – 1994), Sohn von Georg Jung, führte den Betrieb von 1920 – 1922 alleine und ab 1923 mit seiner Ehefrau Eliese Jung geb. Jacobs (1898-1982) als landwirtschaftlichen Gemischtbetrieb mit der damals üblichen Tierhaltung. August Jung hatte vor allem auf dem Gebiet der Pferdezüchtung und Pferdehaltung einen guten Namen.

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 3August Jung 1976 mit Pferd und "Plugskarre". Eliese Jung am Fenster

 

Friederike Erbes, geb. Jung, einziges Kind der Eheleute Jung, ist in diesem Haus 1927 geboren und wohnt ihr ganzes Leben lang hier. Friederike Erbes betrieb mit ihrem Ehemann Alfred Erbes (1926 – 1980) seit 1949 einen landwirtschaftlichen Gemischtbetrieb, mit zunehmend weinbaulicher Ausrichtung. Alfred Erbes war in vielfältiger Weise für die Gemeinde Spiesheim und den bäuerlichen Berufsstand aktiv.

Heutiger Eigentümer ist Heribert Erbes (geb. 1951), Sohn von Friederike und Alfred Erbes, der zusammen mit Ehefrau Sybille (geb. Deyle/geb. 1953), seit 1980 den Betrieb ausschließlich auf Weinbau mit Direktvermarktung ausrichtete. Für seine Erzeugnisse wurde der Betrieb national und international ausgezeichnet. Für sein ehrenamtliches Engagement erhielt Heribert Erbes vielerlei Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz am Bande, die Theodor-Heuss-Medaille in Gold und die Ehrenmedaille des Landes Rheinland-Pfalz.

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 4Hofgut Erbes 2016

 

Seit 2011 ist das Anwesen als schützenswert ausgewiesen. Nicht zuletzt wegen seiner Ecklage an exponierter Stelle im alten Ortskern, von Norden und Osten von weitem einzusehen, seit 2011 auch direkt am Jakobspilgerweg gelegen, ist das gut restaurierte Anwesen jedes Jahr aufs Neue ein Objekt für die Presse. Unter anderem wurde der Innenhof in den Medien als "Schmuckstück" bezeichnet. 1983 war das Haus Gewinner des Fassadenwettbewerbes des Landkreises.

Das gesamte Anwesen erfuhr in verschiedenen Publikationen mehrfach Belobigungen, unter anderem als schönstes Haus der Gemeinde.

In der dem Baustil angepassten Weinprobierstube fühlt man sich bei einem Glas Wein in ältere Zeiten zurückversetzt. Besonders interessant sind darin freigelegte Steine. Auf einem davon ist der Abdruck einer Muschel deutlich zu erkennen, welche die maritime Vergangenheit des Standorts (ehemals Mainzer Becken, Tertiär) authentisch belegt.

 

Text L15: Heribert Erbes – Oktober 2016
Bilder:      Erich Dexheimer / Fam. Erbes

Tour of Spiesheim's Historyde de

Family Estate Erbes

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 1

 

The original order of the house corresponds to a typical Frankonian farmyard. Living space, stables, barn, wine press house, yard and gate form a closed unit. The dimensions have never been changed, even more, the original structure of the living space has been preserved.

There have repeatedly been wars and sieges in our region forcing people to build their houses in a way that gave shelter, like this farmyard, and led among others, to the so-called "scattered village". Spiesheim represents a good example for this kind of settlement.

Presumably, the whole farmyard was built by Michael Diefendäler around 1680. In 1681, teacher Adolf Diehl listed 45 houses with 215 inhabitants, 43 of which were men, 44 women, 53 boys and 75 girls. On average, a working couple had 5-6 children. Apart from the farmers, there lived 2 innkeepers, 1 blacksmith, 1 tailor, 1 cooper, 1 bricklayer and 1 linen weaver as well as a farm worker and a maid in the village. At that time, Spiesheim still suffered considerably from the consequences of the Thirty Years' War (1618-1648).

Around 1720, Johannes Steyl is mentioned as owner. In 1900, the current owner's great-grandfather Georg Jung (1870-1920) bought the estate from a widow Steil. Georg Jung and his wife Margarethe, born Mühl (1860-1939) ran a farm and did some wine-growing. The existing buildings were thoroughly renovated and new extensions were built.

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 2

 

Many years, Georg Jung also transported the milk of the village to the station in Wörrstadt by horse cart. His son August (1902-1994) ran the farm alone from 1920 to 1922 and from 1923 on together with his wife Eliese Jung, born Jacobs (1898-1982) as mixed agricultural and wine-growing farm, completed by the then usual livestock. August Jung was well-known especially for the breeding of and caring for horses.

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 3In 1976: August Jung with plough cart and wife Eliese at the window

 

Friederike Erbes, only child of August and Eliese Jung, was born in this house in 1927. She has lived here for her whole life. From 1949 on, she continued the work of her parents together with her husband Alfred Erbes (1926-1980), concentrating more and more on the wine-growing part of the farm. Alfred Erbes was committed to the community of Spiesheim and the peasantry in many ways.

The current owner Heribert Erbes, born as son of Friederike and Alfred Erbes in 1951, and his wife Sibylle, born Deyle in 1953, solely orientated on viniculture with direct marketing from 1980 on. The products of the Estate were honoured at a national and international level. Heribert Erbes was decorated for his various voluntary activities with many honours, e. g. the Cross of the Order of Merit of the Federal Republic of Germany, the Theodor Heuss Gold Medal and the Medal of Honour of Rhineland-Palatinate.

 

ortsrundgang15 hofgut erbes 4Family Estate Erbes in 2016

 

Since 2011, the well-restored Estate has been classified worth protecting and can be found anew in the media every year due to its exposed position at a corner in the old part of the village, visible from North and East and situated directly at the Way of St. James. Among other things, the inner yard was described as a "jewel" by the media. In 1983, the house won the facade competition of the administrative district Alzey-Worms.

Various publications praised the Estate e. g. as the most beautiful house of Spiesheim.

Sitting in the little wine tavern adapted to the architectural style of the house, maybe with a glass of tasty wine, makes you feel being taken back to earlier times. The room is all the more interesting for some exposed stones. The cast of a shell is clearly visible on one of them, which authentically proves the maritime origin of the site (once Basin of Mainz, Tertiary period).

 

Text L 15: Heribert Erbes - October 2016
Translation: Hildegard Wingert
Pictures: Erich Dexheimer / Fam. Erbes

Tour of Spiesheim's Historyde de

At "Middle Creek"

 

ortsrundgang14 mittelbach 2At "Middle Creek" in 2016

 

In the past, this common place surrounded by some farmyards in the middle of the village served as trough for the farmers' cattle. In case of a fire the trough ("Weth" or "Weed") functioned as fire-fighting pond.

"Middle Creek" was filled with water coming from the spring of the "Oberbrünnchen" and the surplus of the "Oberbrunnen", a well in the upper village. The water continued its way in an open ditch until it reached the "Säubach" in the lower village. It was the duty of the inhabitants of Spiesheim to keep this ditch open and clean.

After the construction of the plumbing in 1906 and the later following sewerage system the "Creek" was drained and the trough was filled up.

 

ortsrundgang14 mittelbach 3On the swing boat in 1953 - Heribert Erbes and Marlies Schmitt

 

So Spiesheim gained a place at the "Middle Creek" where a merry-go-round or a swing boat fascinated children and where delicious sweets were offered at the annual fair until the 1950s.

Many years, this place was in a desolate state and often used as parking space for agricultural vehicles and, later, for cars etc.

 

ortsrundgang14 mittelbach 4Ca. 1960: Grange Langguth at "Middle Creek" (foreground right)

 

ortsrundgang14 mittelbach 5

 

In 1978, the then local council members remodeled this place for the first time on the occasion of the construction of the sewerage system and the road works. According to the financial situation and the spirit of those times, a table with fitting benches and flower tubs made of exposed aggregate concrete were positioned on the place.

 

ortsrundgang14 mittelbach 6

 

 

The "immense" size of the display board and advertising space conspiciously positioned on the right of the barn of former owner late Gottlieb Hofmann dominated the place. A yellow public phone booth stood in front of it many years until it was replaced by a "modern" open purple-coloured version at the "Old Schoolhouse". The rising importance of mobile phones in the 90s led to a decrease in the use of the public phone which finally was removed.

ortsrundgang14 mittelbach 7  ortsrundgang14 mittelbach 8Inauguration newly-designed "Middle Creek" in 2011

 

In 2011, the place was elaborately redesigned again, this time by the 1964 age-group of Spiesheim. Their intention was to recall the original function of "Middle Creek" as trough with a small water course and flowers at its "banks".

 

ortsrundgang14 mittelbach 9

ortsrundgang14 mittelbach 10

 

Occasional public events and, since 2015, the "Mittelbachfest" (street party) have put life into this place.

Originally placed in Mainz, the street lamp positioned at this place once ran on gas. Since it was installed here, it has run on electricity and has brightened "Middle Creek" with a warm and pleasant light.
In the 1980s, Jockel Fuchs, then Mayor of Mainz, donated the nostalgic candelabra to our former mayor and freeman August Ohl.

 

Text L14: Sigmund Jung / Erich Dexheimer - October 2016
Translation: Hildegard Wingert
Pictures: Erich Dexheimer / Marlies Heck / Rüdiger Steil


 

 

Aktuelles aus der Gemeinde

Off Canvas Menu

Wir benutzen Cookies
Wir nutzen nur technisch notwendige Cookies auf unserer Webseite. Diese sind essenziell für den Betrieb der Seite. Für diese Cookies ist eine Zustimmung von Ihrer Seite nicht erforderlich